Massive Kostensteigerung und Teuerung
Hohe Volatilität auf den Märkten
Massive Kostensteigerungen verursachen Teuerung
2022 war für die Milchwirtschaft ein sehr außergewöhnliches Jahr. Noch nie gesehene Teuerungen bei Energie, Rohstoffen und weiteren Vorleistungen für Landwirte und Verarbeiter infolge des Ukrainekrieges erfassten die Milchwirtschaft. Die hohen Kosten und kriegsbedingte Verunsicherungen führten in der Milchwirtschaft zu hoher Volatilität und historischen Preissteigerungen, wobei derzeit wieder fallende Notierungen zu beobachten sind und damit der Zenit überschritten sein dürfte.
Teuerung kostengetrieben
Im letzten Jahr lagen die Teuerungsraten bei Milchprodukten aufgrund der hohen Kostensteigerungen über dem langjährigen Durchschnitt, ein internationaler Vergleich zeigt aber trotz höchster Qualität für österreichische Milchprodukte geringere Teuerungsraten als etwa in Deutschland.
Sichere Versorgung mit hochwertigen heimischen Milchprodukten
Die heimische Milchwirtschaft hat auch unter den herausfordernden Rahmenbedingungen der letzten Krisenjahre eine sichere, tägliche Versorgung mit hochwertigen Lebensmitteln bei einem weiteren Ausbau der Qualitäts- und Nachhaltigkeitsstrategie unter Beweis gestellt. Milch und Milchprodukte sind ernährungsphysiologisch sehr wertvolle Lebensmittel, sie leisten einen wichtigen Beitrag für eine ausgewogene Ernährung. Sie stellen eine wesentliche Säule der sicheren Versorgung Österreichs mit heimischen Lebensmitteln dar.
Milchanlieferung 2022 gestiegen
Die Gesamtanlieferung ist mit 3,5 Mio. t in Österreich um 2,9 % gestiegen, wobei zu Beginn des Jahres eine höhere Anlieferungssteigerung zu beobachten war
Bioanteil leicht rückläufig
Der Anteil von Biomilch in Österreich erreichte 18,9 % bzw. 605.000 t, dies ist der höchste Biomilchanteil in der EU. Im Vergleich zum Vorjahr mit einem Anteil von 19,4 % gab es aber einen leichten Rückgang, der auf die verschärften Auflagen zurückzuführen ist. Dazu kommen mit Heumilch, der Biowiesenmilch und Tierwohlmilch weitere höherwertige Milchsorten.
Ausgeglichene Anlieferung in der EU
Die EU verzeichnete 2022 eine ausgeglichene Anlieferung, wobei im ersten Halbjahr Rückgänge und im zweiten Halbjahr Produktionssteigerungen zu verzeichnen waren. Infolge der hohen Kosten führten die höheren Erzeugerpreise erst gegen Ende des Jahres zu Produktionsausweitungen. Die Gründe dafür sind längerfristig rückläufige Kuhzahlen, dramatisch gestiegene Kosten, Dürre in verschiedenen Regionen sowie strenge Auflagen im Tierschutz, bei Genehmigungen und Umweltthemen.
Erzeugermilchpreise 2022 deutlich gestiegen, aktuell wieder sinkend
Die Erzeugerpreise konnten in Österreich sowie in der EU deutlich zulegen und erreichten zum Jahreswechsel Höchstwerte, dies vor dem Hintergrund der ebenfalls drastisch gestiegenen Kosten. Im Vergleich zu den Spotmärkten erfolgte diese Entwicklung allerdings mit Verzögerung. Der durchschnittliche Auszahlungswert konnte 2022 auf 56,72 Cent (2021 44,82 Cent) für Milch mit natürlichen Inhaltsstoffen inkl. USt. um 26,5 % zulegen. Für gentechnikfreie Qualitätsmilch wurden durchschnittlich 46,97 Cent/kg erzielt (2021: 36,01 Cent, für Milch mit 4,0 % Fett, 3,4 % Eiweiß, ohne USt.), im Februar 2023 54,28 Cent. Dieser Preisentwicklung stehen bei den Landwirten massive Kostensteigerungen bei Futtermitteln, Treibstoffen und Baukosten gegenüber. Aufgrund der aktuellen Preisentwicklungen mussten die österreichischen Molkereien so wie auch in anderen Ländern die Auszahlungspreise zuletzt zurücknehmen, was angesichts der anhaltend hohen Kosten eine schwierige Entwicklung darstellt.
Umsätze um 25 % gestiegen
Die Umsätze der heimischen Milchverarbeiter sind 2022, vornehmlich aufgrund der Preisentwicklungen, um insgesamt ca. 25 % auf 3,8 Mrd. € gestiegen, wobei Zuwächse sowohl bei den Lieferungen im In- als auch im Ausland zu verzeichnen waren. Verantwortlich dafür waren auch hier neben der Mengenentwicklung vor allem die Preisentwicklung.
Kostengetriebene Teuerung – Inflation bei Milchprodukten geringer als in Deutschland
Wichtiges Thema im abgelaufenen Jahr war die Teuerung. Beginnend mit der Energiekostenentwicklung war die Milchwirtschaft mit massiven Kostensteigerungen auf allen Ebenen konfrontiert. Diese Kostensteigerungen konnten von den Molkereien erst mit Verspätung bzw. im Vergleich zur Entwicklung in Deutschland nur teilweise weitergegeben werden, was in weiterer Folge zu einer um bis zu zehn Prozentpunkte geringeren Inflationsrate bei Milchprodukten in Österreich als in Deutschland sowie zu geringeren Erzeugerpreisen als in Deutschland führte. Grund dafür dürfte die hohe Handelskonzentration in Österreich sein. Einzelne Handelsvertreter haben öffentlich davon gesprochen, dass einige Kostensteigerungen im Einkauf abgewehrt werden konnten.
Äußerst knappe Ertragslage in den Molkereien
Der verschiedentlich erhobene Vorwurf der ungerechtfertigten Bereicherung der Milchwirtschaft an der Preisentwicklung ist völlig aus der Luft gegriffen, im Gegenteil, die vom Revisionsverband OÖ erhobene Ertragslage der österreichischen Molkereien ist von einem schon bisher sehr tiefen Niveau aufgrund der Kostensteigerungen weiter gegen Null gefallen, für manche war sie negativ. Aktuell stellen rückläufige Produkterlöse bei anhaltend hohen Kosten besondere Herausforderungen dar.
Weniger Milchbauern
Die Anzahl der Milchbauern verringerte sich 2022 um 2,9 % von 23.868 auf 23.178. Der Milchkuhbestand hat mit 550.554 aufgrund statistischer Umstellungen zugelegt, im Durchschnitt hielt jeder Landwirt 23,8 Kühe, international gesehen ein sehr kleiner Wert. Die durchschnittliche Milchlieferleistung der Kühe lag bei 6.358 kg, im internationalen Vergleich ein moderater Wert, der die nachhaltige Produktion in Österreich dokumentiert. Die durchschnittliche Anlieferung je Landwirt stieg von 142,6 auf 151 t. Das durchschnittlich ausbezahlte Milchgeld je Landwirt (Umsatz aus Milchverkauf) lag mit 85.654 € um 34 % über dem Vorjahr. Diese Entwicklung war notwendig um die deutlich gestiegenen, laufenden als auch die massiv gestiegenen Investitionskosten auf den Höfen abzudecken.
Exporte ebenfalls preisbedingt gestiegen
Die österreichischen Milchexporte erreichten 2022 auf Basis der vorläufigen Zahlen der Statistik Austria mit 1,7 Mrd. € einen neuen Höchstwert und konnten um 26,2 % zulegen. Bei den Importen gab es einen Zuwachs auf 1,07 Mrd. € (plus 27,2 %), was zu einem gestiegenen, positiven Außenhandelssaldo von 643 Mio. € (+ 29,4 %) führte. Die Exportquote bezogen auf den Umsatz betrug damit ca. 45 %, die Importquote 28 %. Wichtigstes Außenhandelsprodukt ist Käse. Hier konnten bei einer Menge von 181.000 t (plus 6,8 %) ein Exportwert von 901 Mio. € (plus 23,5 %) erzielt werden, während die stagnierenden Importmengen von 132.000 t 634 Mio. € (plus 19,7 %) ausmachten. Die Exporte von Flüssigmilch erbrachten 376 Mio. € (plus 26,2 %), fermentierte Produkte (Joghurt und Co) 205 Mio. € (plus 29,4 %). Einen deutlichen Importüberschuss gab es bei Butter, hier standen 4.600 t Exporte 19.700 t Importen gegenüber.
Deutschland wichtigstes Export- und Importland
Wichtigstes Exportland mit einem Anteil von 51 % ist Deutschland, gefolgt von Italien, den Niederlanden und Griechenland. Beim Import liegt ebenfalls Deutschland mit einem Anteil von 59 % vorne, gefolgt von Italien, den Niederlanden und Griechenland.
Absatzentwicklung stabil
Der Absatz hat sich nach dem Ende der Corona bedingten Schließungen wieder auf die alten Strukturen zurückentwickelt. Gemäß Auswertungen der RollAMA gab es damit im Vergleich zum Vorjahr einen mengenmäßigen Rückgang im Einzelhandel, allerdings im Vergleich zu 2019, dem letzten Jahr vor Corona, einen mengenmäßigen Zuwachs. Gestiegen sind die Werte infolge der Preiserhöhungen. Die Konsumenten zeigten im Einkaufsverhalten aufgrund der Preisdebatte mehr Sensibilität, Handelsketten konnten ihre Eigenmarken weiter pushen.
Herkunftskennzeichnung dringend notwendig
Ein leidiges Thema ist die langjährige Forderung der Milchwirtschaft zur Einführung einer verpflichteten Herkunftskennzeichnung für Milchprodukte. Damit sollen die Konsumenten beim Einkauf eine gezielte Auswahl treffen können, zumal die Herkunft die Summe der Herstellungsstandards der jeweiligen Region verkörpert. Mit September wird nunmehr in Österreich für die Gemeinschaftsverpflegung die Herkunftskennzeichnung eingeführt, für die Gastronomie und verarbeitete Produkte gibt es noch immer keine Lösung, angekündigte EU-Vorschläge sind überfällig.
Milch sehr wertvoll für die Ernährung
Milch und Milchprodukte sind sehr wertvolle Lebensmittel. Aufgrund ihrer natürlichen Zusammensetzung enthalten sie ein sehr ausgewogenes Spektrum an wichtigen Nährstoffen, sehr hochwertiges Eiweiß dazu Mineralien und wichtige Vitamine, die in Imitaten zumeist mit künstlichen Zusätzen erst mühsam ergänzt werden müssen. Deshalb ist dem Lebensmittel Milch in der Ernährungspolitik auch entsprechende Priorität einzuräumen. Zudem ist Milch ein Garant für eine sichere und eigenständige Versorgung mit hochwertigen Lebensmitteln. Dazu erbringt die Milchwirtschaft viele zusätzliche Leistungen im Bereich Biodiversität, Erhaltung des Grünlandes, der Wiesen, Weiden und Almen. Sie ist eine wesentliche Säule für die Wirtschaft in vielen Regionen.
Weitere Verbesserungen beim Tierwohl
Über die Milch kann ansonsten für die Ernährung nicht nutzbare Biomasse in hochwertige Lebensmittel verarbeitet werden. Dazu zeichnet die Milchproduktion in Österreich höchste Nachhaltigkeitsstandards aus, wie Gentechnikfreiheit, beste Klimaschutzwerte in der EU, höchste Bioanteil, hohe Fütterungs- und Tierwohlstandards sowie eine regionale Verarbeitung. Aktuell wird an einer weiteren Verbesserung der Tierwohlstandards gearbeitet. Dies umfasst ein Ende der dauernden Anbindehaltung im AMA-Gütesiegel mit Ende 2023, weiters wird ein einheitliches Tierwohlkennzeichnungssystem erarbeitet, das eine weitere und auf österreichische Bedingungen angepasste Verbesserung des Tierwohls bringen wird. „Die österreichische Milchwirtschaft hofft, dass dieser verantwortungsvolle Weg vom österreichischen Handel und den Konsumenten mitgetragen wird,“ erklärte dazu Petschar.
Politische Rahmenbedingungen entscheidend
Mit Beginn 2023 ist die neue Gemeinsame Agrarpolitik mit den nationalen Umsetzungsprogrammen samt neuem Förderregime in Kraft. Durch entsprechende Rahmenbedingungen auf Bundes- und Landesebene müssen Maßnahmen gesetzt werden, welche die ambitionierte Qualitäts- und Nachhaltigkeitsstrategie der heimischen Milchwirtschaft unterstützen. Nunmehr gelangen zahlreiche weitere Gesetzesvorhaben des Green Deals bzw. der Farm to Fork -Strategie mit einer wesentlich stärkeren Ausrichtung an der Klimapolitik in Umsetzung. Viele Neuregelungen sollen den Klimaschutz, der in der österreichischen Milchwirtschaft schon jetzt einen hohen Stellenwert hat, weiter voranbringen. „Diese müssen so ausgestaltet werden, dass sie eine nachhaltige und regionale Produktion fördern und unterstützen, Bürokratie und Auflagen für Landwirte und Betriebe bewältigbar sind und Mehraufwendungen entsprechend honoriert werden“, ergänzte Petschar.
Weitere Informationen:
Mag. DI Johann Költringer
VÖM – Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter
Tel.: 01/90664-2558, Email: voem@milch.or.at