Wahrheit ist zumutbar
Am Welttierschutztag veröffentlichte der Kurier einen Artikel von Fr. Eva Rosenberg, der Direktorin von Vier Pfoten Österreich, zum Thema „Tierwohl“, in dem sie sich für eine strengere Definition von Tierwohl aussprach und gleichzeitig gegen die Verantwortung der Konsumenten, die mit Unterstützung einer verbesserten Kennzeichnung von Lebensmitteln mit ihrem Einkaufsverhalten maßgeblich darüber entscheiden, ob es mehr oder weniger Tierwohl gibt oder nicht.
Der Verdacht liegt nahe, dass es Tierschutz Organisationen vornehmlich um den Erhalt ihrer Spender geht, diesen soll möglichst jede Verantwortung abgenommen werden, mit dieser Kurzsichtigkeit werden wir nicht weiterkommen.
Die buchstäbliche Faust aufs Auge aller aktuellen Tierschutzbemühungen liefern aber die österreichischen Handelsketten, die just zum Welttierschutztag die Preise für Milchprodukte massiv absenkten. Sie setzen damit abseits ihrer Werbeaussagen die Priorität klar und unmissverständlich fest. Das Wichtigste ist der Preis, der Preisdruck wird natürlich an die Lieferanten weitergegeben, wodurch am Ende den Verarbeitern und den Landwirten der Spielraum für erwünschte, weitere Verbesserungen beim Tierwohl genommen wird. Besonders bitter für die Milchwirtschaft in Österreich, die seit Jahren auf hohe Nachhaltigkeits- und Tierwohlstandards setzt, viele vorbildliche Umwelt- und Nachhaltigkeitsleistungen vorzuweisen hat, für den Erhalt und die Pflege der Landschaft und Artenvielfalt sorgt – ohne sie wäre der Erhalt der Wiesen und Weiden besonders in Berggebieten nicht möglich, – wenn hier derart ungeniert vorgegangen wird, während gleichzeitig an weiteren Verbesserungen gearbeitet wird.
Höchst bedauerlich ist auch die Doppelbödigkeit der Öffentlichkeit, auch der politischen Kräfte, die Preissenkungen bei Lebensmittel über alles stellen und dem bösen Spiel achselzuckend zusehen.
Wenn man beim Tierschutz und Tierwohl weiterkommen will, wird man nicht umhinkommen, dass alle ihren Beitrag leisten müssen. Der Handel, der Konsument, der mittels entsprechender Kennzeichnung über Herkunft und Standards zu informieren ist, und der Landwirt, der für seine Leistungen etwas erhalten und nicht dafür bestraft und an den Pranger gestellt werden soll. Der Handel hat aufgrund seiner Markt- und Werbemacht hier zweifellos eine Schlüsselrolle, die er auch verantwortungsvoll wahrzunehmen hat. Für den Konsumenten bedarf es einer entsprechenden Kennzeichnung über die Herkunft und die Tierhaltungsstandards. Wenn dies gesetzlich nicht möglich sein sollte, könnten Handelsketten auch von sich aus die Herkunftskennzeichnung umsetzen. Damit könnte auch endlich der Missstand abgestellt werden, dass Produkte aus dem Ausland, die nicht österreichischen Standards entsprechen, in den Regalen liegen, während gleichzeitig Produkte aus Österreich, welche die höheren, in Österreich vorgeschriebenen Standards erfüllen, aufgrund höherer Kosten unter Druck kommen und mangels Kennzeichnung das Nachsehen haben.
Mehr Tierwohl und Nachhaltigkeit sind möglich, auch wenn wir in Österreich hier bereits sehr viel erreicht haben. Es ist nur notwendig, mit Doppelbödigkeiten aufzuräumen, jeder muss dazu seine Verantwortung wahrnehmen.
Weitere Informationen:
Mag. DI Johann Költringer
VÖM – Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter
Tel.: 01/90664-2558, Email: voem@milch.or.at