VÖM-Pressekonferenz: Milchwirtschaft Bilanz 2023 und Ausblick 2024

Trendwende am Milchmarkt – anhaltend hohe Kostenbelastung – aus VÖM wird MVÖ (Milchverband Österreich)

Trendwende am Milchmarkt 2023
2023 erfolgte auf den internationalen Milchmärkten eine Trendwende. Während 2022 der Ukrainekrieg und die Verunsicherungen auf den Energie- und Rohstoffmärkten zu hohen Notierungen für Milchprodukte führten, kam es 2023 wieder zu Rückgängen, die Branche war aber weiterhin mit einem hohen Kostenniveau bei Rohstoffen, Vorleistungen, Energie und Dienstleistungen sowie massiv steigenden Lohnkosten konfrontiert.

Geringere Inflation bei Milchprodukten
Die kostenbedingt höheren Teuerungsraten bei Milchprodukten der letzten Jahre sind Geschichte, die Inflationswerte lagen in Österreich unter dem internationalen Durchschnitt, Ende 2023 und 2024 waren bei Milchprodukten trotz hoher Kosten Preisrückgänge zu beobachten.

Qualität, Tierwohl und Nachhaltigkeit weiter ausgebaut
Die Milchwirtschaft hat auch unter den herausfordernden Rahmenbedingungen der letzten Krisenjahre die Qualitäts-, Tierwohl-, und Nachhaltigkeitsstrategie weiter ausgebaut und stets eine sichere Versorgung unter Beweis gestellt. Milch und Milchprodukte sind sehr wichtig für eine ausgewogene Ernährung.

Wichtige ökologische Leistungen der Milchwirtschaft
Die Milchwirtschaft ist eine Schlüsselbranche für den ländlichen Raum, vor allem in Berg- und benachteiligten Gebieten, die mit der Milchwirtschaft verbundenen ökologischen Leistungen sind elementar für die Biodiversität, den Erhalt der Wiesen, Almen und Weiden und die schöne, gepflegte Kulturlandschaft in Österreich.

Milchanlieferung 2023 leicht gestiegen Bioanteil leicht rückgängig
Die Gesamtanlieferung ist 2023 mit 3,53 Mio. t in Österreich um 1 % gestiegen. Der Anteil von Biomilch in Österreich erreichte 18% (18,6%) bzw. 584.000 t, dies ist der höchste Biomilchanteil in der EU. Im Vergleich zum Vorjahr gab es aber einen leichten Rückgang, der auf die verschärften Auflagen zurückzuführen ist. Daneben bestehen mit Heumilch, Biowiesenmilch und Tierwohlmilch weitere hochwertige Spezialmilchsorten.

Verhaltene Anlieferung in der EU
Die EU verzeichnete 2023 mit plus 0,1 % eine stabile Anlieferung, wobei in den letzten Monaten mit – 0,6% leichte Rückgänge zu verzeichnen waren. Die Gründe dafür sind längerfristig rückläufige Kuhzahlen, anhaltend hohe Kosten, rückläufige Erlöse sowie strenge Auflagen im Tierschutz, bei der Bürokratie, bei Genehmigungen und bei Umweltthemen.

Erzeugermilchpreise 2023 in Österreich gestiegen, EU-weit gefallen
Die Erzeugerpreise konnten in Österreich 2023 im Jahresschnitt etwas zulegen, sie erreichten zum Jahresbeginn 2023 Höchstwerte, waren über das Jahr hinweg rückläufig und bewegten sich zuletzt seitwärts. In anderen Ländern erreichten die Milchpreise den Höchststand und die Abwärtsphase bereits früher, dies hat auch dazu geführt, dass die meisten EU-Länder 2023 Rückgänge im durchschnittlichen Erzeugermilchpreis zu verzeichnen hatten, was vor allem auf die unterschiedliche Verwertungsstruktur zurückzuführen ist. Anhaltend hoch ist aber weiterhin die Kostensituation, sowohl in der Milcherzeugung als auch in der Verarbeitung.

Preisrückgänge im Jahresverlauf
Der durchschnittliche Auszahlungswert konnte 2023 auf 58,52 Cent (2022 56,72 Cent) für Milch mit natürlichen Inhaltsstoffen inkl. USt. um 3,2 % zulegen. Für gentechnikfreie Qualitätsmilch wurden durchschnittlich 49,06 Cent/kg erzielt (2022: 46,97 Cent/kg; für Milch mit 4,0 % Fett, 3,4 % Eiweiß, ohne USt.), im April 2024 waren es 46,83 Cent/kg (April 2023: 51,72 Cent/kg)

Umsätze um 4,5 % gestiegen
Die Umsätze der heimischen Milchverarbeiter sind 2023 vornehmlich aufgrund der Preisentwicklungen um insgesamt ca. 4,5 % auf 3,97 Mrd. € gestiegen, wobei Zuwächse sowohl beim Inlandsabsatz als auch im Export zu verzeichnen waren.

Weiter knappe Ertragslage in den Molkereien
2023 erfolgte die Verarbeitung in 71 (Vorjahr: 75) Unternehmen mit 92 (VJ: 99) Betrieben und 5.750 (VJ: 5.700) Mitarbeitern. Die Ertragslage der österreichischen Molkereien ist gemäß einer Auswertung des Raiffeisenverbandes OÖ mit einem Ergebnis vor Steuern (EvS) von 0,05 % bezogen auf den Umsatz weiterhin sehr knapp, für manche war sie negativ. Umsatzsteigerungen waren zur Abdeckung gestiegener Kosten notwendig.

3,3 % weniger Milchbauern
Die Anzahl der Milchbauern verringerte sich 2023 um 3,3 % von 23.178 auf 22.419. Der Milchkuhbestand ist mit 543.032 um 1,4 % gefallen, im Durchschnitt hielt jeder Landwirt 24,2 Kühe, international gesehen ein sehr kleiner Wert. Die durchschnittliche Milchlieferleistung der Kühe lag bei 6.508 kg, im internationalen Vergleich ein moderater Wert, der die nachhaltige Produktion in Österreich dokumentiert.
Die durchschnittliche Anlieferung je Landwirt stieg von 151 auf 157,6 t. Das durchschnittlich ausbezahlte Milchgeld je Landwirt (Umsatz aus Milchverkauf) lag mit 92.237 € um 7,7 % über dem Vorjahr. Diese Entwicklung war auch dringend notwendig, um die angespannte Kostensituation auf den Höfen zu stemmen.
Exporte und Importe gestiegen
Die österreichischen Milchexporte erreichten 2023 auf Basis der vorläufigen Zahlen der Statistik Austria mit 1,73 Mrd. € einen neuen Höchstwert und konnten um 0,9 % weiter zulegen. Bei den Importen gab es einen stärkeren Zuwachs auf 1,13 Mrd. € (plus 5,1 %), was zu einem positiven Außenhandelssaldo von 602 Mio. € (- 6,1 %) führte. Die Exportquote bezogen auf den Umsatz betrug damit ca. 44 %, die Importquote 28,4 %.

Verpflichtende Herkunftskennzeichnung notwendig
Die Entwicklungen sind zum größten Teil durch die Preisentwicklungen bei den einzelnen Produkten zu erklären, weiters durch eine erhöhte Preissensibilität bei den Konsumenten und die Strategie des Handels, der auf der Suche nach billigeren Produkten oft zu Importware aus Ländern mit geringeren Qualitätsstandards als in Österreich greift, teils auch deshalb, weil es noch immer keine verpflichtende Herkunftskennzeichnung für Milchprodukte im Handel und in der Gastronomie gibt. Viele dieser Produkte landen in Eigenmarken des Handels oder in Zutaten der Gastronomie oder der weiterverarbeitenden Industrie.

Deutschland wichtigstes Export- und Importland
Die österreichische Milchwirtschaft exportiert 44 % seiner Produkte, dies vor allem deshalb, weil 28,4 % importiert werden. Die Hälfte der Exporte geht nach Deutschland, gefolgt von Italien und den Niederlanden, ähnlich verteilt liegen die Importe. Insgesamt exportiert die heimische Milchwirtschaft in über 100 Staaten.

Milch aus Österreich mit besten Klimaschutzwerten
Wichtig ist dabei die umwelt- und klimapolitische Tangente der Milchexporte: Österreichs Milchwirtschaft produziert sehr nachhaltig. Sie hat gemäß internationalen Studien die EU-weit besten Klimaschutzwerte, das heißt Milchprodukte aus Österreich sind ein positiver Beitrag für das Weltklima.

Käse wichtigstes Exportprodukt
Wichtigstes Exportprodukt war Käse: Hier wurden 171.000 t (-5,3 %) um 920 Mio. € (plus 2,1 %) zu einem Durchschnittswert von 5,36 €/kg exportiert, während 135.000 t (+1,9%) um 696 Mio. € (+9,8 %) zu einem Durchschnittswert von 5,17 €/kg importiert wurden.
Flüssige Milchprodukte wurden mit einem Wert von 384 Mio. € exportiert und um 102 Mio. € importiert, fermentierte Produkte wurden um 233 Mio. € exportiert und um 67 Mio. € importiert. Bei Butter stehen Exporten von 28 Mio. € Importe von 120 Mio. € gegenüber. Die starken Außenhandelszahlen bestätigen die Tüchtigkeit der heimischen Milchwirtschaft, der Milchbauern und der Verarbeitungsbetriebe, sie stehen im harten Wettbewerb und sind trotz struktureller Nachteile mit ihrer Qualitäts- und Nachhaltigkeitsstrategie erfolgreich. „Mehr Fairness und die Einführung einer verpflichtenden Herkunftskennzeichnung sind hier notwendig“, so Petschar.

Milchprodukte keine Inflationstreiber
Die Inflationsraten für Milchprodukte waren stark rückläufig, es gab Verbilligungen bei den Verbraucherpreisen für Milchprodukte, angesichts des anhaltend hohen Kostenniveaus eine bedenkliche Entwicklung. Die Inflationswelle 2022 und 2023 trat bei Milchprodukten in Österreich im Vergleich zu anderen Ländern geringer und verspätet auf, seit einigen Monaten tragen Milchprodukte zur abnehmenden Inflation bei.

Absatzentwicklung stabil
Der Absatz hat sich in den einzelnen Segmenten unterschiedlich, aber insgesamt stabil entwickelt: Die weiße Palette zeigte in der Menge einen Rückgang von 0,4 % und Butter von 0,7 %, während die bunte Palette um 1,3 % und Käse um 1,4 % zulegen konnten.

Einkaufsverhalten sensibler
Die Werte sind außer bei Butter auch infolge von Preiserhöhungen gestiegen. Die Konsumenten legten infolge der weitreichenden öffentlichen Preisdebatte im Einkaufsverhalten mehr Sensibilität an den Tag, Handelsketten konnten ihre Eigenmarken weiter pushen.

Milch sehr wertvolles Lebensmittel
Der hohe Wert von Milch und Milchprodukten für eine ausgewogene Ernährung überzeugt weiterhin. Die natürliche Zusammensetzung mit wichtigen Nährstoffen, hochwertigem Eiweiß, Mineralien und Vitaminen ist ein einzigartiger Vorteil, der von Imitaten auch mit künstlichen Zusätzen nicht erreicht wird. Dem Lebensmittel Milch ist daher in der Ernährungspolitik Priorität einzuräumen, Missbrauchsmöglichkeiten im Bezeichnungsschutz sind konsequent abzustellen.
Milch ist eine wesentliche Säule für die Versorgungssicherheit in Österreich. Über die Milch kann ansonsten für die Ernährung nicht nutzbare Biomasse in hochwertige Lebensmittel verwandelt werden. Die Milchwirtschaft in Österreich erfolgt sehr nachhaltig und erbringt wesentliche Umweltleistungen, wie Gentechnikfreiheit, beste Klimaschutzwerte, höchsten Bioanteil, hohe Fütterungs- und Tierwohlstandards, sorgt für Biodiversität und sichert Grünland, Wiesen und Almen.

Weitere Verbesserungen beim Tierwohl
Die österreichischen Molkereien sind derzeit dabei mit dem AMA- Modul „Tierhaltung plus“ eine weitere Verbesserung der Tierwohlstandards umzusetzen. Dazu laufen intensive Vorbereitungs- und Beratungsaktivitäten. Die dauernde Anbindehaltung im AMA-Gütesiegel ist mit Ende 2023 ausgelaufen. „Die österreichische Milchwirtschaft investiert sehr viel Engagement in diese Maßnahmen, sie sind wichtig und notwendig, um glaubwürdig zu sein und den Konsumenten die Gewissheit für höchste Qualitäts-, Tierwohl- und Nachhaltigkeitsstandards beim Kauf österreichischer Milchprodukte
zu bieten. Wir erwarten, dass dieser verantwortungsvolle Weg vom österreichischen Handel und den Konsumenten mitgetragen wird,“ erklärte dazu Petschar.

Politische Rahmenbedingungen entscheidend
2023 stehen auf EU-Ebene und in Österreich Wahlen an, wobei hier entsprechende Rahmenbedingungen für die Milchwirtschaft gesichert werden müssen:
Die Qualitäts- und Nachhaltigkeitsstrategie der heimischen Milchwirtschaft ist weiterhin als Leitbild zu unterstützen, die daraus erbrachten Leistungen sind abzugelten. Die Maßnahmen müssen so gestaltet werden, dass der Milchproduktionsstandort Österreich abgesichert wird.
Für weitere Verbesserungen im Tierwohlbereich sind praktikable Regelungen und wirksame Unterstützungen in Form einer Tierwohlmilliarde bereitzustellen.
Zur Umsetzung notwendiger Schritte im Bereich Nachhaltigkeit, wie zuletzt der Vorhaben aus dem „Green Deal“ ist besonders auf Praktikabilität, die Vermeidung unnötiger Bürokratie, Machbarkeit und Auswirkungen auf den Produktionsstandort Österreich zu achten.
Dem Lebensmittel Milch ist aufgrund der hohen Wertigkeit und Bedeutung in der Ernährungspolitik entsprechende Priorität einzuräumen, der Konsument darf nicht mit Imitaten getäuscht werden und soll über die Herkunft informiert werden.
In der Lebensmittelkette sind weitere Maßnahmen zur Schaffung fairer Handelsbedingungen und deren Einhaltung erforderlich.
Sicherstellung der Energieversorgung und die Unterstützung bei alternativen Energiesystemen, weiters die Vermeidung weiterer Kostensteigerungen infolge von gesetzlichen Vorgaben und Auflagen, welche die Wettbewerbsfähigkeit des Sektors gefährden.
Eine Unterstützung bei Außenhandelsfragen und die Vermeidung von Importen, die heimischen Standards nicht entsprechen.

Aus VÖM wird MVÖ (Milchverband Österreich)
Dreißig Jahre nach Ihrer Gründung wird die Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter (VÖM) neu ausgerichtet. Dies soll auch mit einer Umbenennung als „Milchverband Österreich (MVÖ)“ zum Ausdruck gebracht werden. Die Neuausrichtung wurde in mehreren Klausuren des VÖM-Vorstandes erarbeitet und bei der Generalversammlung im April durch eine Statutenänderung verabschiedet.

Österreich ist ein traditionelles Milchland, Milchprodukte stellen einen wichtigen Teil der heimischen Ernährung, wobei Milchprodukte aufgrund ihrer natürlichen und ausgewogenen Zusammensetzung als besonders hochwertige Lebensmittel gelten. Die Milchwirtschaft ist in Österreich vor allem in Berg- und benachteiligten Gebieten die tragende Säule der Landwirtschaft. Ohne sie wären der Erhalt des Grünlandes, der Wiesen und Almen, die Besiedlung dieser Gebiete und viele Ökoleistungen nicht möglich, auch nicht der alpine Fremdenverkehr. Über 22.000 Milchbauern sorgen mit ihrer tagtäglichen Leistung für eine hervorragende Rohstoffqualität und über 5700 Mitarbeiter in den Verarbeitungsbetrieben veredeln diese in hochwertige Milchprodukte.

Die VÖM hat sich in den letzten drei Jahrzehnten als Interessensvertretung und Sprachrohr der österreichischen Milchwirtschaft etabliert, sie gilt bei privaten und öffentlichen Einrichtungen sowie Verantwortungsträgern als kompetenter Gesprächspartner zu allen Fragen der Milchwirtschaft. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Arbeit auf EU-Ebene, zumal die meisten Gesetze mittlerweile dort entschieden werden.

Angesichts eines sich rasch ändernden Umfelds und neuer Themenstellungen wurden die inhaltliche und organisatorische Ausrichtung analysiert, wobei in Hinkunft eine stärkere Fokussierung auf das einzigartige Lebensmittel Milch, die Themen Nachhaltigkeit in allen Facetten sowie die Versorgungssicherheit gelegt werden soll.

Dabei soll insbesondere auch die Zusammenarbeit mit vor- und nachgelagerten Unternehmen und Organisationen der Milchwirtschaft vertieft werden, um so eine höhere Schlagkraft zu erreichen. Die Ziele sollen in Zusammenarbeit sowie durch Unterstützung des Vereinsbüros mit Sitz in Wien erreicht werden.
Daher werden in Zukunft neben genossenschaftlichen und privaten Milchverarbeitern als ordentliche Mitglieder auch Unternehmen und Organisationen, die im vor- und nachgelagerten Bereich der Milchwirtschaft tätig sind, bzw. für die Milchwirtschaft Produkte oder Dienstleistungen anbieten, zur außerordentlichen Mitgliedschaft eingeladen. Diesen werden verschiedene Kooperationsmöglichkeiten bzw. Serviceleistungen geboten, gleichfalls soll durch eine Bündelung der Interessen ein starker, gesamthafter Fokus in der Interessensvertretung sowohl in Österreich als auch auf EU-Ebene erreicht werden.
Die heimische Milchwirtschaft hat seit dem EU-Beitritt viele Herausforderungen gut gemeistert, sie hat sich mit ihrer Qualitäts- und Nachhaltigkeitsstrategie auch auf den internationalen Märkten einen guten Namen gemacht. Sie gilt als eine der beliebtesten Branchen der österreichischen Wirtschaft.

Weitere Informationen:
Mag. DI Johann Költringer
MVÖ – Milchverband Österreich
Tel.: 01/90664-2558, Email: voem@milch.or.at